Identität und Zeit: die beiden Extreme

In der (aristotelischen) formalen Logik ist die Identität von Werten fundamental: Wenn aus A logisch B folgt, dann darf es nie passieren, dass aus A auch mal Nicht-B folgt. Denn dann würde ein System „kreativ“ werden, was in diesem Falle bedeutet: wertlos. Ein System, aus dem sich sowohl eine Schlussfolgerung als auch ihr Gegenteil ableiten lässt, ist formallogisch sinnlos. A muss deshalb zu jedem Zeitpunkt immer das gleiche A bleiben, es muss selbstidentisch sein. Das Gegenteil haben wir bei Heraklit: Man kann niemals in den selben Fluss steigen. Der Fluss ist jedes Mal ein anderer. Alles fließt. Der Fluss kann nicht selbstidentisch bleiben. Ähnlich argumentiert der frühe Buddhismus in Bezug auf die Seele. Die Vorstellung eines Ich, das beständig ist, ist eine Illusion, die uns vom rechten Weg abbringt. Ein beständiges Ich in dieser Form existiert nicht. Die gegenteilige Auffassung eines ewigen unveränderlichen Selbst findet sich hingegen im indischen philosophischen System des Sāṁkhya. Der Puruṣa, die eigentliche Seele ist unzerstörbar, ewig sich selbst identisch.

Wenn wir über Identität reden, bewegen wir uns irgendwo zwischen diesen beiden Extremen. Wir werden dabei immer wieder auf eine menschliche Fähigkeit zu sprechen kommen: die Erinnerung. Identitäten über größere Zeiträume lassen sich nur über Erinnerungen feststellen.

Die Tatsache, dass sich Identität nur zwischen Ewigkeit und Flüchtigkeit verorten kann, bedeutet, es gibt keine für immer gleichbleibende Identität. So ist in der Regel die Rede davon, dass die Corporate Identity gemanaged werden muss, oder eben selbst aus der täglichen Zusammenarbeit entstehen soll.

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